Ich habe ein Jahr lang Gitarre gelernt – das sind meine Erfahrungen

Ich kann gleich sagen, es war schlimm! Schrecklich, grauenhaft, grässlich. Ich hasse es nach wie vor jede Minute. Wovon ich rede? Von dem Gefühl, eine absolute Niete zu sein. Wenn ihr mein Blog verfolgt, dann wisst ihr, dass ich gut darin bin, kluge Ratschläge zu geben. Meinem Selbstbild schmeichelt es sehr, mich als kompetent anzusehen. Ich bin dann zufrieden mit mir selbst, stolz auf meine Leistung und freue mich, wenn ich mir meine Resultate anschaue.

Wie anders ist das doch beim Gitarre lernen. Ich kann ja absolut gar nichts, stelle ich bei jeder einzelnen Übungssitzung immer wieder fest. Das tut weh! Und es ist frustrierend. Spaß macht es überhaupt nicht. Ich habe das Gefühl, auf der Stelle zu treten und deswegen vermeide ich das Üben, was es ja nun auch nicht besser macht. Im Gegenteil!

Ich hatte mir das ganz anders vorgestellt. So viele Leute spielen Gitarre, da kann das ja wohl kaum so schwer sein, dachte ich mir, als ich mir vornahm, es auch zu versuchen. Hahaha. Das war ein großer Irrtum! Gitarre spielen ist schmerzhaft, fordernd und anspruchsvoll. Außerdem empfinde ich es als extrem frustrierend, dass man wirklich nur in Babyschritten voran kommt und so lange auf der Stelle tritt. Dieselbe Passage muss unzählige Male wiederholt werden und selbst beim hundertsten Mal klingt sie in meinen Ohren noch grässlich.

Die Kluft

Woran das liegt, lässt sich glücklicherweise in Worte fassen. Als künstlerisch interessierter Mensch entwickeln wir einen Geschmack, der letztendlich den Ausschlag dafür gibt, das Instrument oder allgemein die Kunstart selbst praktizieren zu wollen. Wir entwickeln eine Vision von dem, wie unsere Kunst sich anhören oder aussehen soll. Leider leider dauert es viele viele Jahre, bis man an den Punkt kommt, wo man diese Vision umsetzen kann. Und da trennt sich die Spreu vom Weizen: Die wenigsten halten so lange durch.

Jeder angehende Künstler sollte sich das vor Augen führen und es niemals vergessen: Es wird Jahre dauern, bis du deine Vision verwirklichen kannst. Das heißt aber nicht, dass du es nicht versuchen solltest. Das heißt auch nicht, dass du aufgeben solltest, nur weil sich deine Musik immer noch wie Katzenjammer anhört. (Ich meine nicht die Band, die ist wirklich toll!)

Das ist also die Hauptursache für meinen Frust beim Gitarre lernen, aber wahrlich nicht die einzige.

Ich muss leider festhalten, dass ich, was das Lernen angeht, ziemlich erfolgsverwöhnt bin. Die meisten Sachen fallen mir nicht so schwer, wie das Gitarre spielen. Im Gegenteil hat es mir sogar Spaß gemacht, mich der Herausforderung zu stellen. Aber bei dem Musizieren hängt irgendwie mein Ego dran, was es wirklich nicht besser macht. Ich möchte es so gern gut machen! Von Herzen gern. Aber es gelingt mir nicht.

Der Weg

Der einzige Weg führt durch den Schmerz. Tägliches Üben ist angesagt, komme, was wolle und mittlerweile geht das tatsächlich schon ein bisschen besser. Ja, ich war schon mehrfach kurz davor, alles hinzuschmeißen und aufzugeben. Aber mein Gitarrenlehrer sagte sinngemäß: “Hinschmeißen ist nicht.”

Also mache ich weiter mit der Quälerei. Irgendwann wird es mir sicher Spaß machen und ich werde mir das gern anhören, was meine Finger da produzieren. Bis dahin beiße ich die Zähne zusammen und messe meine Fortschritte an den Schmerzen & Rillen in meinen Fingern (Hornhaut, wo bleibst du?) und nicht an den Tönen, die ich produziere.

Hoffentlich traue ich mich schon bald raus in die Welt, um mit anderen zu musizieren. Die soziale Komponente fehlt mir nämlich wirklich sehr. Eigentlich bräuchte ich nur jemanden, der neben mir sitzt, mir wohlwollend zuhört und das Martyrium meines Egos anerkennt – ohne kluge Ratschläge zu geben. Gleichzeitig möchte ich diese Katzenmusik auch niemandem antun.

Jetzt Du!

Findest du Gitarre spielen auch so schwierig? Hast du Tipps für mich?

6 Kommentare zu „Ich habe ein Jahr lang Gitarre gelernt – das sind meine Erfahrungen

  1. Ich habe mir in meiner frühen Jugend selbst ein paar Griffe beigebracht. Damit kann man ganz gut begleiten und man sieht recht schnell Erfolge.
    Eine meiner Schwestern hatte dann richtigen Unterricht und hat mir gezeigt, wie man nach Noten spielt. Äh. Ja. Hab dann aufgehört zu spielen 😅
    Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg und Durchhaltevermögen.

    Viele Grüße, Simone

  2. Die Gitarre hatte in jungen Jahren auch mal in der Hand und sogar ein paar Sunden an der VHS dazu genommen. Hat mir damals aber auch überhaupt keinen Spaß gemacht und für die persönliche/akustische Motivation hätte es wohl auch ein “E-” vor der “Gitarre” gebraucht.
    Es gibt aber auch Dinge, da ist man halt völlig talentbefreit und da muss man sich auch nicht quälen finde ich. Ich hab mich mal an Wellenreiten versucht und sogar die Trainer meinten am Ende, dass ich es zum Wohle aller lieber lassen sollte (und die waren echt geduldig).
    LG
    Vanessa

    1. Talent habe ich (laut meinem Gitarrenlehrer) schon, aber das reicht wohl nicht. Ich gebe mir noch ein bisschen Zeit.

  3. Ich habe als Kind Querflötenunterricht gehabt. Hoffnungslos. Aber meine Eltern waren der Meinung, man müsste ein Instrument lernen. Ich bin ihnen sehr dankbar für diese Erfahrung und meine Querflöte von damals wird jetzt (ziemlich erfolgreich) von meiner Tochter gespielt.
    Du hast ja auf meinem Blog kommentiert und ich bin so glücklich, endlich jemanden gefunden zu haben, der sich auch als Multipotentialistin nennt. (Ich nehme meistens die englische Bezeichnung, da ich das zu erst auf Puttylike.com gefunden habe)
    Meine diversen Interessen und Projekte gedeihen dann am besten, wenn ich sie mit anderen umsetzen kann. Darum bin ich zum Beispiel bei den Münchner Schreiberlingen.
    Egal wie sehr man noch als Anfängerin rumkrebst, eine wohlwollende Umgebung, die vielleicht schon einen Schritt weiter ist, kann Wunder wirken.
    Aber wenn es keinen Spaß macht, dann würde ich es einfach lassen. Wir haben ja noch mehr Eisen im Feuer und es bringt nichts, Zeit und Energie in etwas zu stecken, was weder einem selbst noch anderen nutzt.
    Ich hab deiner Seite jetzt ein Lesezeichen spendiert, da muss ich dringend noch mehr Beiträge lesen.
    Liebe Grüße
    Susan

    1. Das stimmt! Es gibt nichts was einen mehr pushen kann, als die Unterstützung von anderen. Leider ist es manchmal nicht so einfach, sie zu bekommen.

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